Digitalisierung, Vergütung und Nachwuchs: Steuerberaterkongress 2025 in Dresden mit klaren Handlungsaufforderungen
Beim 63. Deutschen Steuerberaterkongress am 19. und 20. Mai 2025 in Dresden standen die Herausforderungen und Perspektiven der Branche im Mittelpunkt. Rund 1.400 Teilnehmer kamen zusammen, um über Digitalisierung, Vergütungsmodelle, E‑Rechnungen und Fachkräftesicherung zu diskutieren. In seiner Eröffnungsrede hob der Präsident der Bundessteuerberaterkammer, Prof. Dr. Hartmut Schwab, die Rolle der Steuerberater für die wirtschaftliche Stabilität Deutschlands hervor.
Schwab forderte unter anderem eine Vereinfachung des Steuerrechts, den Abbau bürokratischer Hürden sowie eine konsequentere Digitalstrategie. Kritisch äußerte er sich über fehlende Strukturreformen im aktuellen Koalitionsvertrag und wandte sich gegen isolierte digitale Lösungen – wie zuletzt beim digitalen Gewerbesteuerbescheid.
Digitalisierung in der Finanzgerichtsbarkeit und E‑Rechnung
Dr. Hans‑Josef Theßling, Präsident des Bundesfinanzhofs, berichtete über den Fortschritt der Digitalisierung in der Finanzgerichtsbarkeit. Die elektronische Gerichtsakte sei Standard, Videoverhandlungen seien in rund der Hälfte aller Verfahren bereits etabliert.
Ein wesentliches Thema war die Einführung der elektronischen Rechnung. Alexander Kollmann und Dr. Bianca Wöhrer betonten, es sei jetzt höchste Zeit, sich damit zu befassen. Viele Steuerberater hätten bis dahin noch keine E‑Rechnung erhalten. Im Vortrag wurde der zeitliche Ablauf der Einführung erläutert, verbunden mit Hinweisen zur praktischen Umsetzung. Bereits ein falsch befülltes Adressfeld könne laut Vortragenden die Ausstellung einer neuen Rechnung erforderlich machen. Unterstützung bei der praktischen Umsetzung bietet beispielsweise eine kostenlose E‑Rechnungsvorlage mit ZUGFeRD‑Standard, wie sie online verfügbar ist.
ViDA, Peppol und sichere Übertragung
Auch das geplante Meldewesen ViDA der EU, das ab 2030 verpflichtend für internationale Rechnungen wird, wurde thematisiert. Die E‑Mail gilt schon heute nicht mehr als sicherer Übertragungsweg – empfohlen wurde das Peppol-Netzwerk. Dokumente können hier standardisiert zwischen Geschäftspartnern ausgetauscht werden. Alternativ wird ZUGFeRD als Brückentechnologie genannt. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die bloße Versendung einer ZUGFeRD-Rechnung per E‑Mail nicht ausreichend ist, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen.
Die Referenten betonten, dass steuerberatende Kanzleien zentrale Begriffe und Abläufe rund um die E‑Rechnung kennen sollten, um Mandanten korrekt beraten zu können.
Reform der Steuerberatervergütung ab Juli 2025
Zum 1. Juli 2025 tritt die neue Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) in Kraft. Rechtsanwalt Dr. Gregor Feiter stellte zentrale Änderungen vor. Für die Übergangsregelung ist das Datum der Auftragserteilung entscheidend – Buchführungsleistungen ab Juni 2025 können bereits nach der neuen Vergütungsstruktur abgerechnet werden.
Die Zeitgebühr wird angehoben, der Zeittakt angepasst. Tage- und Abwesenheitsgelder sowie EDV-Kosten können differenzierter berechnet werden. Der bisherige § 14 zur Pauschalvergütung entfällt. Bestehende Vereinbarungen sollten frühzeitig überprüft werden.
Vorteile vertraglicher Vergütungsvereinbarungen
Feiter hob mehrere Vorteile vertraglicher Vergütungsvereinbarungen hervor:
- Höherer Umsatz durch konsequente Abrechnung
- Vereinfachte Rechnungserstellung
- Keine Notwendigkeit zur Angemessenheitsprüfung
- Höhere Nebenkosten abrechenbar
- Flexible Honoraranpassungen möglich
- Ausschluss gesetzlicher Anrechnungsvorschriften
Künstliche Intelligenz im Kanzleialltag
Steuerberater Stefan Groß zeigte, wie KI im Kanzleialltag eingesetzt werden kann – etwa bei Visualisierungen, der Analyse von Fachinhalten oder durch KI-gestützte Wissenssysteme. Tools wie „Otto Schmidt Answers“ oder „Frag den Schmidt“ sollen bei juristischen Recherchen unterstützen.
Bei komplexen Sachverhalten seien KI-Antworten jedoch teils lückenhaft. Groß stellte spezialisierte Anwendungen vor, sogenannte „Knowledge Assistants“, die nur mit Fachinformationen gespeist wurden, z. B. zu GoBD oder E‑Rechnung.
Technologieeinsatz im „AI plAIground“
Ein Beispiel für neue Werkzeuge ist Googles „NotebookLM“. Damit lassen sich Fachinhalte aus Dokumenten extrahieren und in neue Formate überführen. Dabei seien urheberrechtliche Aspekte zu beachten.
Fachkräftemangel und moderne Kanzleistrukturen
Im Vortrag „New Work als Schlüssel für erfolgreiche Kanzleiarbeit mit GenZ“ wurden Vorschläge gemacht, wie Kanzleien ihre Organisation anpassen können, um neue Fachkräfte zu gewinnen. Diskutiert wurden:
- Regelmäßige Organisationstage zur Prozessanalyse
- Förderung von Eigenverantwortung
- Agilere Strukturen statt hierarchischer Modelle
- Flexible Arbeitszeiten
- Transparente Kommunikation und Feedbackkultur
Ausblick auf 2026
Der Steuerberaterkongress 2025 zeigte: Die Branche steht vor strukturellen und technologischen Herausforderungen. Der nächste Deutsche Steuerberaterkongress findet 2026 in Berlin statt.