Staatsanwalt wegen Gutachtenaufträgen vor Gericht
Zwei Jahre nach dem Urteil gegen den ehemaligen Oberstaatsanwalt Alexander B. steht ein weiterer früherer Staatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt vor dem Landgericht. Dem heute 38-Jährigen wird Beihilfe zur Untreue vorgeworfen. Die Anklage steht im Zusammenhang mit der Vergabe von Gutachten an Firmen, die von B. und einem Schulfreund gegründet worden waren.
Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. Er erklärte zum Prozessauftakt, dass er seine damaligen Handlungen nicht für unrechtmäßig gehalten habe. Laut Anklage soll er in mehreren Fällen Gutachten in Zusammenarbeit mit B. beauftragt haben. Zudem habe er, so die Staatsanwaltschaft, Teile von Anklageschriften durch die externen Firmen anfertigen lassen. Der Mann wurde Ende 2021 vom Dienst suspendiert.
Vorwurf: Unrechtmäßige Auftragsvergabe
Im Unterschied zu Alexander B. soll sich der Angeklagte nicht persönlich an den Gutachterhonoraren bereichert haben. Die Ermittler waren im Zuge der Aufklärung der Affäre um B. auf den heutigen Angeklagten gestoßen. Bereits kurz nach Beginn seiner Tätigkeit bei der Generalstaatsanwaltschaft soll er, so die Anklage, in Abstimmung mit B. Aufträge für externe Gutachten fortgeschrieben haben. Diese Darstellung wies er zurück.
B. war im Mai 2023 wegen Bestechlichkeit und Untreue zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil, wodurch es rechtskräftig wurde. B. verlor damit seinen Beamtenstatus. Er hatte über Jahre hinweg für Gutachten, die er bei den von ihm mitgegründeten Firmen in Auftrag gab, Schmiergeld erhalten.
Gutachtenkosten in Millionenhöhe
Die Ermittlungen gegen den zweiten Staatsanwalt wurden unter anderem durch eine Dienstaufsichtsbeschwerde ausgelöst. Sie kam von dem Mainzer Strafverteidiger Alexander Dorn, der einen Arzt aus Südhessen vertreten hatte. Gegen den Mediziner wurde wegen mutmaßlichen Abrechnungsbetrugs in Höhe von rund 70.000 Euro ermittelt. Für die Ermittlungen beauftragte die Staatsanwaltschaft jedoch externe Gutachten, deren Kosten sich auf über 500.000 Euro beliefen.
Dorn erklärte, dass der Staatsanwalt versucht habe, über die Höhe der Gutachterkosten Druck auf seinen Mandanten auszuüben. Er habe das Vorgehen als ähnlich wie bei B. empfunden. Die Dienstaufsichtsbeschwerde führte zur Suspendierung des Staatsanwalts.
Rückforderungen gegen B. und weiteres Verfahren eingestellt
Das Land Hessen fordert von Alexander B. Regresszahlungen in Höhe von insgesamt 12,3 Millionen Euro. Diese Summe entspricht dem Betrag, den die Justiz für Gutachten an die von B. mitgegründeten Firmen gezahlt hatte. Nach Angaben des hessischen Justizministeriums klagt B. derzeit in sechs Musterverfahren gegen Rückforderungsbescheide vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt. Keines dieser Verfahren ist bislang abgeschlossen.
Ein dritter Staatsanwalt, der in dem Zusammenhang ebenfalls im Fokus der Ermittlungen stand, ist inzwischen wieder im Justizdienst tätig. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hatte im Jahr 2024 einen Strafbefehl wegen Beihilfe zur Untreue beantragt. Das Amtsgericht Frankfurt lehnte diesen jedoch ab. Zur Begründung hieß es, dass dem Mann nicht nachgewiesen werden konnte, von den Vorgängen gewusst zu haben. Nach Angaben der Justiz arbeitet er nun außerhalb der Staatsanwaltschaft Frankfurt in einem anderen Bereich der hessischen Justiz.
Der Prozess gegen den derzeit angeklagten Staatsanwalt soll nach bisheriger Planung bis Ende Juli dauern.