Temporäre Senkung der Mehrwertsteuer entlastet Verbraucher
Die Corona-Pandemie hat die deutsche Wirtschaft unvorbereitet getroffen. Die Wirtschaftsweisen gehen für das Jahr 2020 durch Zurückhaltung beim Konsum, bei Investition oder in der Produktion von einem negativen Wachstum aus. Gleich um 6,5 % soll das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) in 2020 schrumpfen, was der stärkste Einbruch seit Gründung der Bundesrepublik wäre. Damit dieses negative Szenario abgeschwächt oder sich zumindest nicht ausweiten kann, hat die Regierungskoalition eine temporäre Mehrwertsteuersenkung beschlossen. Diese soll die Konjunktur ankurbeln und zu einem erhöhten Konsum anregen.
Mehrwertsteuersenkung als Teil des Konjunkturprogramms
Der Bundestag in Berlin segnete in seiner Sitzung am 29.06.2020 das Konjunkturpaket der Regierungskoalition ab. Ein wichtiger Bestandteil dieses Paketes zur Stärkung der Wirtschaft ist die temporäre Senkung der allgemeinen Mehrwertsteuersätze. Der reguläre Umsatzsteuersatz verändert sich von 19 auf 16 Prozent und die ermäßigte Umsatzsteuer wird von 7 auf 5 Prozent gesenkt. Beschlossen wurde ebenfalls, dass die Senkung der Sätze befristet wird und eine Gültigkeit vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 hat. Dies ist bedingt durch den Hintergrund, dass kurzfristige Kaufanreize geschaffen werden müssen. Durch die Senkung der generellen Mehrwertsteuer soll erreicht werden, dass sämtliche Branchen von der Gastronomie bis zum Automobilsektor von einem Nachfrageimpuls profitieren können. Da für das Jahr 2021 von einer Belebung der Wirtschaft ausgegangen wird, soll durch die temporäre Senkung der Steuersätze ein Anreiz geschaffen werden, Käufe vorzuziehen.
Einzelhandel will profitieren
Die Mehrwertsteuer wird als Verbrauchssteuer auf nahezu alle Artikel und Dienstleistungen erhoben und betrifft somit sämtliche Bereiche der Wirtschaft. Eine Entlastung von rund 20 Milliarden Euro soll die Senkung der Mehrwertsteuer quer durch alle Branchen mit sich bringen. Die Einzelhändler teilten in der Phase der ersten Lockerungen nach dem Lockdown mit, dass sich die Verbraucher stark zurückhalten. Durch die Steuersenkung wird vor allem im Bereich der Elektronik-Produkte auf eine gesteigerte Nachfrage gehofft. Ähnliche Wünsche hegen die Modehäuser, deren Verkaufsflächen lange durch einen Lockdown geschlossen waren. Wie sich die Pläne auf die Automobilbranche auswirken werden, bleibt abzuwarten. Der Verband der Autobauer ist von den beschlossenen Maßnahmen nicht überzeugt. Bei einer Mehrwertsteuersenkung sei die Ersparnis zu gering. Der Verband hoffte eher auf andere Impulse, wie eine Abwrackprämie, ging hierbei jedoch größtenteils leer aus.
Zweifel bei Weitergabe an Verbraucher
Die Senkung der Mehrwertsteuer ist in erster Linie ein Vorteil für die Verkäufer von Waren. Da diese die Steuer an den Staat abführen, profitieren sie umgehend. Kein Verkäufer kann gezwungen werden, seine Preise zu senken. Daher wird mancherorts bezweifelt, dass jede Branche die Mehrwertsteuersenkung an die Verbraucher weitergeben wird. Insbesondere dort, wo der verringerte Mehrwertsteuersatz von 5 % gilt, werden häufig nur Preisveränderungen im Cent-Bereich generiert. Für Brötchen oder Zeitschriften beispielsweise, werden ab dem 01.07. minimal weniger Steuern fällig. Der Aufwand durch neue Preistabellen oder unrunde Abrechnungsbeträge ist für die Verkäufer jedoch hoch. Hier bleibt abzuwarten, wie sich die Steuersenkung für den Verbraucher auswirkt. Große Discounter und Handelsketten haben hingegen bereits ihre Preise gesenkt, sodass die Konsumenten bei ihrem Wochenendeinkauf eine merkliche Ersparnis erkennen werden.
Leistungsdaten entscheiden
Die Senkung der Mehrwertsteuer wird einige Besonderheiten mit sich bringen. Verbraucher sollten insbesondere bei Handwerkerrechnungen oder Waren mit Lieferfristen besondere Vorsicht walten lassen. Generell gilt, dass der Mehrwertsteuersatz von dem Tag gilt, an dem die Dienstleistung vollbracht oder die Ware geliefert wurde. Bei Handwerkerleistungen ist ebenfalls das Datum entscheidend, an dem die Leistung abgeschlossen wird. Hat eine Ware eine längere Lieferzeit, wird das Datum zur Berechnung der Steuer gewählt, an dem der Verbraucher seine Bestellung erhält. Hier können jedoch individuelle Vertragsinhalte abgeschlossen werden. Zudem gilt es, laufende Verträge zu betrachten. Beim Strom beispielsweise entscheidet das Datum der Ablesung für ein gesamtes Jahr. Aber auch hier kann es zu individuellen Lösungen kommen, sodass der Stromanbieter beispielsweise die Zeiträume unterschiedlich besteuert.